Zur Geschichte unseres Dorfes

Waldenser in Dornholzhausen und Dorfrundgang

 Dornholzhausen wurde durch waldensische Glaubensflüchtlinge aus dem Piemont gegründet. Als protestantische französische Staatsbürger, die sich weigerten, zum katholischen Glauben überzutreten, waren sie im Sommer 1698 aus ihrer alpenländischen Heimat ausgewiesen worden. Nach einem Zwischenasyl in den calvinistischen Kantonen der Schweiz fanden sie im Juli 1699 unter dem reformierten Landgrafen Friedrich II. in Hessen-Homburg Zuflucht.

Die 40 Familien mit 165 Personen erlangten beim Landgrafen besondere Privilegien, wie Beibehaltung ihres reformierten Glaubens sowie der französischen Sprache in Kirche und Schule, freie Wahl des Schultheißen, des Pfarrers und des Lehrers, untere Gerichtsbarkeit und sieben Jahre Steuerfreiheit.

 

Da das Land mit 198 ¼ Homburger Morgen, das sind 37,8 Hektar, nicht für alle Familien ausreichte, zog ein Teil von ihnen bald weiter. In den Privilegien war eine Fläche von etwa 300 Morgen versprochen worden. Die verbliebenen 30 Familien bauten an der heutigen Dornholzhäuser Straße einstöckige, giebelständige Häuschen mit einem Nutzgarten dahinter. 1726 konnten sie ihre Kirche einweihen. Der landwirtschaftliche Ertrag war nur gering, und so war es ein glücklicher Umstand, dass der Landgraf bereits Hugenotten in der Homburger Neustadt und in Friedrichsdorf angesiedelt hatte. Sie brachten das Strumpfwirkerhandwerk und das Tuchweben aus Frankreich mit und verhalfen den Dornholzhäusern zu einer ganzjährigen Erwerbsquelle, bis die aufkommende rheinische Textilindustrie das Kleingewerbe unrentabel werden ließ.

Viele Dornholzhäuser erhofften sich nun ein besseres Leben in der Residenzstadt Homburg, wo die Beherrschung der französischen Sprache den Weg ins Schloss und in andere landgräfliche Dienste ebnete sowie später in der aufstrebenden Kurstadt in Anstellungen, in denen die Kenntnis des Französischen von Vorteil war. Doch bald erkannte man in Dornholzhausen, dass sich durch das Vermieten von möblierten Zimmern an Fremde, insbesondere an Homburger Kurgäste, eine Nebeneinnahme erzielen ließ, und so bezeichnete sich die Gemeinde 1884 bereits als Luftkurort. Von allen Waldensergründungen hat Dornholzhausen die französische Sprache am längsten bewahrt. Der letzte waldensische Familienname ist 1940 erloschen.

 

Bild oben:

Das den Waldensern überlassene Gebiet des Reisbergs und die Ausdehnung des Dorfes im 18.Jahrhundert

 

Mit der Eingemeindung am 1. Januar 1972 ist Dornholzhausen ein Stadtteil von Bad Homburg geworden. Seine Einwohnerzahl hat sich seit dem 2. Weltkrieg verzehnfacht. Wieder waren Flüchtlinge in das Dorf gekommen, und viele Neubürger haben inzwischen den hohen Wohnwert Dornholzhausens kennen gelernt.

Dornholzhausen um 1825 (Modell von Walter Creutz)

Blick in die Dorfstraße Ende des 19. Jahrhunderts



 

Ein Rundgang durch Dornholzhausen auf den Spuren der Waldenser

Gesamtroute des Hugenotten- und Waldenserpfades

Teilstrecke Bad Homburg - Friedrichsdorf über Dornholzhausen

Der rund 1.200 km lange deutsche Streckenabschnitt verläuft auch durch Bad Homburg, seinen Stadtteil Dornholzhausen sowie durch die ehemalige Hugenottenkolonie Friedrichsdorf.


Der 1.800 km lange Kulturwanderweg "Hugenotten- und Waldenserpfad" beschreibt die Route, auf der Ende des 17. Jahrhunderts die aus dem Herrschaftsbereich des französischen Königs Ludwig XIV. vertriebenen reformierten Glaubensflüchtlinge gewandert sind, um in protestantischen Staaten Zuflucht zu finden. Er folgt dem historischen Fluchtweg der Hugenotten aus dem südfranzösischen Dauphiné über die Schweiz nach Baden-Württemberg und weiter durch Hessen bis nach Bad Karlshafen an der Weser. Der Exilweg der aus den piemontesischen Tälern kommenden Waldenser vereinigte sich kurz vor Genf mit dem der Hugenotten.


Verlauf des Pfades im alten Ortskern


Der Dornholzhäuser Abschnitt des „Hugenotten- und Waldenserpfades“ beginnt am Gotischen Haus (3). Von dort geht es auf dem Tannenwaldweg und vorbei an dem linker Hand gelegenen Forellenteich zum Landgraf-Friedrich-Platz. Hier erhebt sich seit 2010 die mit 24-karätigem Blattgold verzierte Eichenholzskulptur „Dornenholz“ des Holzbildhauers Hendrik Docken, die an die Gründung des Dorfes Dornholzhausen durch die Waldenser erinnern soll. Gegenüber liegt das ehemalige Allianz-Ferienheim (heute Alten- und Pflegeheim Haus Luise), das den Ruf Dornholzhausens als Luftkurort festigte. Der Lindenallee folgend, biegt der Pfad in Höhe des ehemaligen Hotels Scheller in die Dornholzhäuser Straße ein, wo die Evangelische Waldenserkirche (5) zum näheren Betrachten einlädt. Zwei Informationstafeln in Höhe des Kirchplatzes (8) geben einen Überblick über die Geschichte des Waldenserdorfes und sein französisches Erbe. Vorbei am letzten noch weitgehend erhaltenen Waldenserhaus (6) aus dem frühen 18. Jahrhundert geht es zum Friedhof mit historischen Grabsteinen (7) aus der waldensischen und hugenottischen Vergangenheit des Dorfes. Über den neuen Golfplatz führt der Pfad zur nicht weit entfernten Karlsbrücke in Richtung Friedrichsdorf.



Gotisches Haus

Das Gotische Haus, ein ehemaliges Jagd- und Lustschlösschen der Landgrafen von Hessen-Homburg aus dem frühen 19. Jahrhundert, beherbergt seit 1985 das städtische Museum. Dort befand sich bis Mitte 2017 auch das Bad Homburger Stadtarchiv. Innerhalb der ständigen Ausstellung des Museums zur Landgrafenzeit ist die Ansiedlung der Hugenotten und Waldenser in der Landgrafschaft Hessen-Homburg dokumentiert mit Informationen und Exponaten zu den handwerklichen Innovationen auf textilem Gebiet und den landgräflichen Privilegien. Im Stadtarchiv (Villa Wertheimber im Gustavsgarten, Tannenwaldallee 50) können die Informationen weiter vertieft werden. Neben den vorhandenen Dokumenten zur Landgrafschaft Hessen-Homburg sind auch die für die Hugenotten- und Waldenserforschung relevanten Bestände des Hessischen Hauptstaatsarchivs Wiesbaden einsehbar. Fotografien und Karten ergänzen den Archivbestand.

 

Forellenteich

Dieser hinter der ehemaligen Papiermühle und Kartonagenfabrik (heute Galerie Artlantis) gelegene Badeteich wurde bis zum Ende des Kaiserreichs als Militärschwimmbad genutzt. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde er für die Zivilbevölkerung geöffnet. 1962 schloss das Bad seine Pforten. Der Forellenteich ist heute an einen Anglerverein verpachtet.

 

Ehemaliges Hotel Scheller

Das spätere „Hotel Scheller“, hervorgegangen aus einer kleinen Gastwirtschaft an der Ecke Dornholzhäuser Straße / Lindenallee, war 1828 als „Gasthaus Scheller“ von dem Homburger Bürger Friedrich Franz Scheller übernommen worden und über drei Generationen bis 1918 im Familienbesitz. Der große Saal für festliche Veranstaltungen, die gute Küche und der schattenspendende Garten erfreuten sich weit über Dornholzhausen großer Beliebtheit und lockten viele Kurgäste aus Homburg in das als Luftkurort bekannte Dorf. Im Jahre 1840 kam dort die Scheller-Tochter Sophie zur Welt, die 1868 den Rüsselsheimer Schlossermeister Adam Opel heiratete. Durch ihre Tüchtigkeit hatte sie einen wesentlichen Anteil am Aufstieg der ehemaligen Nähmaschinen- und Fahrradfabrik zum weltbekannten Automobilunternehmen. Am 30. Oktober 1913 starb Sophie Opel. Seit ihrem 100. Todestag am 30. Oktober 2013 erinnert eine Gedenktafel an der Stelle des Geburtshauses an diese bedeutende Unternehmerin. Der größte Teil des ehemaligen Hotels, zuletzt die Gaststätte „Waldenser-Hof“, wurde 1970 abgerissen und an seiner Stelle ein modernes Wohn- und Geschäftshaus errichtet.


Waldenserkirche

Das Gebäude wurde im typischen Stil einer reformierten Kirche in den Jahren 1724 bis 1726 im Zentrum der Siedlung errichtet. Der Innenraum ist schlicht gehalten ohne Kreuz oder gar Kruzifix. An der Stelle eines festen Altars befindet sich ein zerlegbarer hölzerner Abendmahlstisch, wie er in der alten Heimat der Waldenser üblich war, um in den Zeiten der Verfolgung schnell in einen Esstisch umfunktioniert zu werden. Darüber hängt die Kanzel - die Verkündigung des Wortes Gottes steht im Mittelpunkt. An der Kanzel steht unter der Taube Noahs geschrieben: "Je trouve ici mon asile" (Ich fnde hier meine Zuflucht). Damit drückten die französisch sprechenden Flüchtlinge, die ein Jahr heimatlos unterwegs gewesen waren, ihre Dankbarkeit aus, dass sie hier ein neues Zuhause fanden.

Ältestes erhaltenes Waldenserhaus, erbaut um 1710

Hotel Scheller um 1890

Kanzel in der Waldenserkirche

 

 

 

Altes Waldenserhaus

Die Siedler legten eine regelmäßige Siedlung entlang einer geraden Straße, der heutigen Dornholzhäuser Straße, an. Die Häuser mit nur etwa 50 qm Grundfläche waren giebelständig zur Straße ausgerichtet und hatten im Erdgeschoss zwei kleine Zimmer mit einer dazwischen liegenden Küche sowie einer winzigen Kammer im Dachgeschoss. Als eines der wenigen erhaltenen Gebäude der ersten Bebauung präsentiert sich das Haus Dornholzhäuser Straße 28 noch weitgehend in seinem ursprünglichen Zustand.



Waldenser- und Hugenottengedenken auf dem Friedhof

Der Friedhof befand sich ursprünglich mitten im Dorf hinter der Kirche. 1856 wurde er an den Ortsrand verlegt. Von der Geschichte Dornholzhausens zeugen die historischen Grabsteine und Grabplatten, die mit Namen wie Bailly, Désor und Bertalot an den französischen Ursprung des Dorfes erinnern. 2011 wurden sie restauriert und an dieser Stelle zu einer Gedenkstätte zusammengeführt. Unweit hiervon ist die über hundertjährige Grabstätte der letzten Dornholzhäuser Waldenserfamilie Bertalot einen Besuch wert.

Grabstätte der Familie Bertalot


Verantwortlich für den Inhalt:

Dr. Walter Mittmann, 2. Vorsitzender des Geschichtskreises Dornholzhausen

Stand: November 2017

 

Fotos: Geschichtskreis Dornholzhausen, W. Creutz, Archiv Bad Homburg